Der Mord am Orient Express

05 Dezember 2017

Der Graf? Die Gräfin? Der Professor? Der Butler? Der Sekretär? Die Gouvernante? Die Prinzessin? Die Witwe? Die Missionarin? Die Zofe? Der Geschäftsmann? Der Doktor?
- Einer von ihnen ist der Mörder -

Bild entnommen von Josh Gads Twitter Account



Titel: Murder on the Orient Express/Mord im Orient-Express
Regisseur: Kenneth Branagh
Genre: Krimi
Länge: 114 Minuten
Mit: Kenneth Branagh, Johnny Depp, Judi Dench, Daisy Ridley, Josh Gad und noch so vielen mehr!







Inhalt


Eigentlich dachte Hercules Poirot an ein paar entspannende Tage mit Kuchen Essen, unterhaltsamen Büchern und aus dem Fenster schauen, als er den Orientexpress bestieg. Der größte Detektiv der Welt nimmt offiziell Urlaub. Doch wie sehr er sich täuscht! Die friedliche Reise wird von einem Todesfall durchbrochen, einer der Passagiere wurde mit 12 Messerstichen ermordet und zusätzlich sitzt der Zug im Schneegestöber fest. Sie kommen weder vor noch zurück und sind auf engstem Raum eingesperrt, zusammen mit dem Mörder.


Meine Meinung


Was für ein Spektakel!
Der berühmteste Fall von Agatha Christies Helden Hercules Poirot läuft nach 43 Jahren wieder auf großer Leinwand.
Vielleicht kennen manche von euch die Verfilmung aus 1974, mir Albert Finney, Ingrid Bergmann und Sean Connery. Zusammen mit den Miss Marple Fällen mit Margaret Rutherford und den zwei Peter Ustinov Poirot Fällen (Das Böse unter der Sonne und Tod auf dem Niel) habe ich es als Kind geliebt, diese Krimis wieder und wieder zu schauen. Nie wurde es langweilig - es war jedes Mal aufs Neue gruselig und spannend!
Jahre später entdeckte ich noch die Serie Agatha Chrisies's Poirot mit David Suchet, welche meiner Meinung nach die beste Adaption ist und welche auch Mord im Orientexpress verfilmte. Diese allein gefällt mir persönlich zwar weniger, doch hatte ich so letzte Woche im Kino zwei Filme, mit denen ich die neuste Version vergleichen konnte...

(... und nein, das Wichtigste, den Roman, habe ich nicht gelesen. An euch, die nicht so lausig waren wie ich, was ist denn besser? Buch oder (wenn ja, welcher) Film?)

© 2017 Twentieth Century Fox

Nun zum Jahr 2017 also!
Der Film lässt sich unheimlich gut an. Vor dem großen Fall wird uns schon ein kleiner Vorgeschmack auf die Genialität und Verfahrensweise Poirots gegeben und vor allem der Art des Charakters, für die sich Kenneth Branagh entschieden hat, doch dazu später mehr. Wir sehen, dass sofort ein anderer Ton erzielt werden möchte, keine Imitation des vorherigen Klassikers aus 74, nein! Ein neuer Kurs, was meiner Meinung nach eine goldrichtige Entscheidung war.
Dazu kommen die imposanten Bilder von Jerusalem und Istanbul in den 30ern und wunderschöne Schneelandschaften, die einen, jetzt im Dezember mit dem ersten Schnee, in die perfekte Weihnachtsstimmung versetzten (viele Szenen wurden in Neuseeland gedreht.Wusste ich doch, dass ich diese wunderschönen Bergketten aus dem Herr der Ringe wiedererkannte!).
Auch die Musik hat mir gefallen (bis auf das geschmacklose End Credits Lied). Nie ist sie zu aufdringlich und vermag es gekonnt, die Spannung zu steigern (Da es sich um einen Kenneth Branagh Film handelt, ist es selbstverständlich, dass mal wieder Patrick Doyle die Musik schrieb).

© 2017 Twentieth Century Fox

Jetzt zu dem interessantesten Teil: Die Schauspieler.
Das Cast ist der reinste Nerdgasm!
Die Crème de la Crème des amerikanischen und englischen Theaters in einem Zug eingesperrt: (Himmel, wo fange ich bloß an?!)

Wir haben neue Gesichter wie Daisy Ridley (Star Wars: Das Erwachen der Macht), Josh Gad (Die Eiskönigin, Die Schöne und das Biest), Marwan Kenzari (Die Mumie, als Jafar im neuen Disney Aladdin gecastet) und Lucy Boynton (Sinn und Sinnlichkeit, Sing Street).

Wir haben bewährte Stars wie Penélope Cruz (VolverFluch der Karibik), Michelle Pfeiffer (Gefährliche LiebschaftenBatmans RückkehrEin Sommernachtstraum) und Olivia Coleman (BroadchruchThe Crown).

Und wir haben Legenden! Wie Dame Judi Dench (Zimmer mit Aussicht, Jane Eyre, James Bond), Sir Derek Jacobi (Gladiator, Cinderella) und Willem Dafoe (Spider ManDas Schicksal ist ein mieser Verräter)
 Außerdem sehen wir Johnny Depp (Fluch der Karibik, Alice im Wunderland) endlich mal wieder in einer Rolle, die ihm steht. Meine letzten Eindrücke von ihm aus Into the Woods und Harry Potter waren eher schlecht als recht, doch Mr. Ratchett bekommt ihm gut.
Last but not least, Hauptdarsteller, Regisseur und Produzent in einem: Sir Kenneth Branagh (Viel Lärm um Nichts, Hamlet, Cinderella). Als ich zum erstem Mal den Trailer sah, war ich kein bisschen angetan von der Idee ausgerechnet ihn als Hercule Poirot zu sehen. Auch der Bart und die stahlblauen Augen gefielen mit kein bisschen. Doch ich muss sagen, dass er einen ausgezeichneten Job gemacht hat. Der Akzent sitzt (an einer Stelle spricht er sogar fließend Deutsch, das man als Deutscher versteht!!!), die Inszenierung finde ich gelungen und sein Humor ist amüsant aber nicht zu viel.

Ich sagte ja... viele, viele gute Schauspieler...

© 2017 Twentieth Century Fox

Macht das Der Mord im Orientexpress also zu einem gelungenen Meisterwerk?
Keineswegs.

Ja, wir haben die Bilder, ja, wir haben eine unfassbar gute Besetzung... wir haben alles, was man sich nur wünschen kann. Außer!
Außer ein gutes Drehbuch!

Der Mord im Orientexpress ist nicht umsonst der berühmteste Fall Agatha Cristies. Er bedarf nicht vielem Spektakel, seine Stärke liegt in der Genialität des Mordes, dem Prozess der Auflösung und dem Ambiente des luxuriösen Zuges. Nahezu all die Trumpfe werden verspielt.
Man könnte fast mein, es steckt zu viel Hollywood in dem Film. Was ich damit meine, ist, dass versucht wurde, Spannung durch Action, Verfolgungsjagden, Duelle und Pistolenschüsse zu gewinne, also genau das, was der Film nicht baucht, Spektakel.
Das Mysterium um den Täter und die vielen Zugpassagiere wird Stück für Stück entweiht und verschwenderisch dem Kinobesucher ins Gesicht geschrien, damit er auch ja das Ende kapiert. Was bleibt dann für das Finale übrig?
Genau, nichts. Die Aufklärung überrascht dich nicht mehr. Dieser überwältigende Moment bei einem Krimi, wo die Glühbirne im übertragenen Sinne über deinem Kopf angeht, ist futsch.
Hinzu kommen ein paar Aktionen, die ich mir einfach nicht erklären kann und die ich als sehr unnötig ansehen. Zum Beispiel die Inszenierung des Grafen und der Gräfin Andrenyi, warum den Grafen mit einem Ballettänzer besetzt , warum steckt plötzlich ein Messer im Rücken von Mrs. Hubbard oder warum ist der Doktor so unglaublich aggressiv?
WARUM?

© 2017 Twentieth Century Fox

Der Anfang war wirklich inspirieren und vielversprechend, doch im Laufe des Filmes verheddert sich die Handlung zwischen Imitation und Eigenwille. Was will er zeigen? Etwas neues oder eine Kopie der 74er Version?
Am Ende weiß es weder der Kinobesucher, noch der Film selber. Und das bei dem Drehbuchautor Michael Green (Logan, Blade Runner 2049). Was ist da bloß schiefgelaufen?


Fazit


Ambivalent. So sind meine Gefühle gegenüber diesem Film.
Einerseits schaue ich den Trailer an und habe so viel Lust den Krimi zu sehen, wegen der Bilder, der Geschichte und der Besetzung.
Andererseits habe ich ihn jetzt gesehen und muss sagen, dass ich enttäuscht bin. Das Drehbuch ist meiner Meinung nach voller Macken und verfehlt, einen authentischen, spannenden Krimi zu kreieren. Zu viel Aufregung und zu viel Spektakel.
Weniger ist halt doch mehr.

3 von 5 Punkten



Englischer Trailer



Deutscher Trailer

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